Mike Lauble
Mike Lauble

Historie der Trachtenkapelle Gutach

So hat’s vor 1902 angefangen

Ein Zeitzeuge, Bachbauer Christian Wöhrle (1886-1977) – Gründungsmitglied und Ehrendirigent berichtet: „ Seit Jahren schon bestand der Wunsch und das Bestreben, eine Musik zu gründen. Im Februar 1902 unternahmen es einige junge Männer, den Wunsch in die Tat umzusetzen und mit der Gründung einer Musik zu beginnen. Sogleich erklärte sich eine Anzahl von Personen bereit das musizieren zu erlernen und es wurde mit der Gründung des Musikvereins begonnen. Das Vorhaben wurde unter tatkräftiger Unterstützung des Bürgermeisters Johannes Wöhrle, Vater des oben genannten Christian Wöhrle auch Anfang März 1902 in die Tat umgesetzt.

Die ersten Musiker waren Christian Haas, im Dorf – er wurde im Gründungsjahr zum ersten Vorstand gewählt. Jakob Blum, beim Schulhaus am Turm. Johann Brüstle, Fabrikarbeiter, Christian Wöhrle Sohn des Bachbauern. Johann Moser „Bürlehans“ und Friedrich Blum „Schreinerfritz“ sowie Jakob Zimmer der von Beruf Küfer war.

Christian Wöhrle berichtet weiter: „Um die Mittel zur Beschaffung, des Erforderlichen wie Instrumente, Noten und Dirigentengehalt zu bekommen wurde eine Geldsammlung von Haus zu Haus durchgeführt, welche den nennenswerten Betrag von 400 Mark ergab. Die Geldfrage war somit für den Anfang gelöst, und nun kam die Hauptfrage: das Lernen der Musiker.

Als erster Dirigent wurde Hermann Stehle aus Hausach berufen, ihm folgte Tanzlehrer Fanti aus Hornberg. Schon nach kurzer Zeit übernahm dann Gustav Ecker aus Hausach die Dirigentenstelle, der sich des Musikvereins mit vollem Herzen und unermüdlichem Fleiß angenommen hat. Sine musikalischen Talente haben der Musikkapelle sehr zu ihrem Fortkommen und zu schönen Resultaten verholfen. Die Probelokale der Anfangsjahre waren im „Gerberhaus“ in der Wohnung des Vorstandes Christian Haas im Dorf und beim „Matthauer“ dem späteren Gasthaus Adler. Eine feste Bleibe erhielt der Musikverein im Gemeindehaus, das 1907/1908 durch die tatkräftige Initiative des damaligen Pfarrers Richard Nuzinger erbaut wurde. Überigens ist dies bis heute das Probelokal der Trachtenkapelle. Herrn Nutzinger ist es auch zu verdanken, dass die Kapelle in das kirchliche und weltliche Gemeindeleben einbezogen wurde.

Unter Pfarrer Eduard Lamerdin, von 1887 bis 1893 in Gutach wurde im Untertal ein Posaunenchor gegründet. Dieser wirkte bei den Andachten mit, die am Sonntagnachmittag, wechselseitig in einer Bauernstube gehalten wurden: man ging „in d’Stund“. Nach einiger Zeit war die Gruppe sogar in der Lage, in der Kirche aufzutreten.

Mit dem Weggang von Pfarrer Lamerdin im Jahre 1893 war das Schicksal des Posaunenchors besiegelt. In der Erinnerung der Musiker und einiger Talbewohner lebte er allerdings weiter, und als der Musikverein 1902 gegründet wurde, konnten tatsächlich „a paar Inschtrumenter ufs Burewebers Saustallbihni“ gefunden werden, wie sich Chrisitan Wöhrle erinnerte.

Eine andere Wurzel des Musikvereins ist die Zunahme von weltlichen Festen und Feiern, ausgelöst durch mehr Freiheitsrechte und größere Wohlhabenheit im Laufe des 19. Jahrhunderts, übrigens auch Geburtsstunde und Entwicklungszeit unserer Bollenhuttracht. Hochzeitsmusik war ebenso beliebt wie Tanzmusik am Sonntag, beides indes lange Zeit von kirchlicher und weltlicher Obrigkeit wegen Verführung zu „leichtfertigem Leben“ misstrauisch beobachtet oder sogar abgelehnt.

Vom Musikverein zur Trachtenkapelle

 Die junge Kapelle hatte vor dem 1. Weltkrieg ihren Wirkungskreis vor allem in der eigenen Gemeinde. Aufritte gab es bei kirchlichen Festen – zum Beispiel beim Erntedankfestzug, welcher 1902 von Pfarrer Nutzinger ins Leben gerufen wurde und bis heute unter der Teilnahme der Trachtenkapelle und der Trachtengruppe durchgeführt wird. Ferner musizierte die Kapelle bei Geburtstagsfeiern von Kaiser und Großherzog sowie bei Tanzveranstaltungen und Hochzeiten.

Wie in allen Lebensbereichen bedeutete der 1. Weltkrieg für den Musikverein eine leidvolle Zäsur und ein mühsamer Neubeginn. Sechs Musikkameraden waren gefallen und die politisch verworrene und wirtschaftliche desolate Situation ließen zunächst wenig Raum für Vereinsaktivitäten. Als Glück im Unglück erwies sich die Tatsache, dass einige Mitglieder während des Krieges als Regimentsmusiker Erfahrung gesammelt hatten, unter ihnen Christian Wöhrle, Bachbauernsohn, der 1921 die musikalische Leitung übernahm.

Mit dem Beitritt der Kapelle zum „Kinzigtal-Gauverband badischer und württembergischer Musikvereine“, ergab sich eine Öffnung und gleichzeitig eine Herausforderung im musikalischen Wettstreit mit anderen engagierten Musikvereinen.

Fortan reichte es nicht mehr, Musik für den „Eigenbedarf“ zu machen, es begann das Messen und Vergleichen des eigenen Könnens mit dem anderer Kapellen.

Christian Wöhrle berichtete, dass am Anfang seiner Dirigentenzeit die Gutacher Musik bei Preisspielen den zweiten Platz in der Unterstufe belegte. Ende der zwanziger Jahre dagegen erste Preise in der Oberstufe herausspielte.

Stolz auf die musikalischen Leistungen und zufrieden mit der Entwicklung des Vereins konnte 1927 das 25 jährige Stiftungsfest gegangen werden. Gleichsam als Geburtstagsgeschenk wurde die Idee geboren, künftig in Tracht aufzutreten. Der Karlsruher Heimattag 1924 hatte dazu den Anstoß gegeben. Dort waren die Gutacher in „zusammengesuchten“ Trachten erschienen. Allein die Hüte wurden vom Verein angeschafft, weil sie in einheitlicher Form gebraucht nicht aufzutreiben waren.

1926 ging man einen Schritt weiter und ließ neue Männertrachten schneidern. Den Erfolg dieser Neuerung nahmen die Musiker bald war; egal wo sie in Tracht auftraten, begleitet von Mädchen und Frauen in Bollenhuttracht, wurden Sie mit Begeisterung begrüßt. Das hat sich bis zum heutigen Tage auch überhaupt nicht verändert. Unsere Tracht ist heute mehr gefragt denn je. Eine erfreuliche Folge waren die zunehmenden Einladungen in nahe und entfernte Auftrittsorte.

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